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Denkmal des Monats

Juni 2019: Wasserturm Süd, Lauchstädter Straße 14c, d, Halle (Saale)

Das starke Bevölkerungswachstum ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Halle erforderte eine Modernisierung der Wasserversorgung. Lange hatte man das Wasser ungefiltert aus der Saale entnommen. Schwere Cholera-Epidemien, so zuletzt 1866, waren die Folge. 1867/68 entstand das Wasserwerk Beesen und in diesem Zusammenhang auch der erste Wasserturm im Süden der Stadt. Die weitere Erschließung dieses Stadtteils durch die Ansiedlung von verschiedenen Betrieben und durch die 1926/27 errichteten Wohnhäuser des Bauvereins für Kleinwohnungen zwangen 50 Jahre später zu einem Neubau, da der Wasserdruck nicht mehr ausreichte. Für das Hochbauamt unter Wilhelm Jost und seine Mitarbeiter Wolfgang Bornemann und Feldtkeller eine spannende städtebauliche Frage, weil architektonisch zugleich die Stromversorgung am Lutherplatz zu lösen war. Der Bebauungsplan sah hier eine großzügige Platzgestaltung vor. Das bildprägende Klinkerensemble aus Umspannwerk, Wasserreservoir und dem 46 Meter hohen Turm entstand in den Jahren 1927/28 (Abbildung 1). Für die technische Bearbeitung erhielt die hallesche Niederlassung der Wayss & Freytag AG den Zuschlag mit einem Sonderentwurf des Ingenieurs und Direktors Oskar Muy.

Der markante Wasserturm ist ein Betonskelettbau, der in einzelne Funktionseinheiten untergliedert ist. Im knapp sieben Meter hohen Erdgeschoss empfängt den Besucher eine doppelte Kreisstellung von Stützen, in deren Mitte ein großer indirekt beleuchteter Brunnen steht (Abbildung 2). Über den Kreisausschnitt der Erdgeschossdecke kann man bis zum 23 Meter hoch gelegenen Tropfboden sehen. Eine Treppe führt vom Erdgeschoss zunächst in den Schaftraum und von dort aus freitragend an der Wand entlang bis zum Tropfboden. Beim Aufstieg kann man immer wieder teils malerische, teils theatralische Raumbilder bewundern, die sich aus der schlanken Betonkonstruktion, den spiralförmig abgehängten Kugelleuchten und dem Lichteinfall durch die schmalen Schlitzfenster ergeben. Im Tropfboden, der das Kondenswasser auffängt, ist der Wasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 2 000 Kubikmetern untergebracht. In der Mitte des Behälters befindet sich ein Steigrohr mit eiserner Wendeltreppe, die in den darüberliegenden lichtdurchfluteten Kuppelraum führt. Der äußere Umgang dort gewährt großartige Blicke über Halle und die umgebende Landschaft.

Über dem Eingang verweist das Zitat aus Johann Wolfgang von Goethes Faust II »Alles ist aus dem Wasser entsprungen, alles wird durch das Wasser erhalten« auf Thales von Milet.

Das Ensemble ist ein bedeutendes Zeugnis für die expressive Backsteinarchitektur der 1920er Jahre in Halle.


Text: Sabine Meinel
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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