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Denkmal des Monats

Dezember 2022: Roseburg, Ballenstedt Ortsteil Rieder

Am Nordrand des Harzes, zwischen Gernrode und Ballenstedt, steht eine der merkwürdigsten architektonischen und gartenkünstlerischen Schöpfungen des beginnenden 20. Jahrhunderts in Sachsen-Anhalt – die Roseburg (Abbildung 1). Auf einer alten Burgstelle hat der Architekt Bernhard Sehring (1855 bis 1941) auf engstem Raum eine neue Burg nach seinen eigenen Vorstellungen errichtet – ein kunstvoll arrangiertes Ensemble aus einem Torhaus, einem Palas mit Kapelle, mehreren Türmen und Höfen, einer zinnenbekrönten Umfassungsmauer und einem von geraden und gewundenen Wegen durchzogenen Park mit Wasserkaskade und weit in die Landschaft ausgreifender Terrasse.

Die Anlage ist geradezu garniert mit Stücken, die Sehring von seinen Reisen mitgebracht hatte oder die er für seine Burg hatte anfertigen lassen – italienische Wasserbecken aus dem 11. und 12. Jahrhundert, gotische Säulen, Vasen, Löwenskulpturen, Betonputti und vieles Andere. All diese, teils willkürlich verteilt wirkenden Kunstwerke wecken Assoziationen, ebenso wie die einzelnen Elemente des Parks, die von der genauen Kenntnis Sehrings von der europäischen Gartenkunst zeugen. Der besondere Reiz der Roseburg besteht allerdings nicht in der Vielfalt der Spolien und Zitate oder dem Verweis ihres Schöpfers auf seine Bildung, sondern in der Spannung zwischen Skurrilität und Romantik, dem Zauber des nicht ganz ernst Gemeinten, das sich wohltuend von der manchmal hohl wirkenden Monumentalität mancher Gebäude der ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts unterscheidet (Abbildung 2). Sehring war nicht nur ein bedeutender Theaterbaumeister, sondern er war auch dem Herzen nach ein Theatermann, der sich hier eine kleine, perfekte Welt aus Kulissen errichtete, die er gelegentlich stolz seinen Gästen und später auch der breiten Öffentlichkeit präsentierte.


Text: Volker Seifert
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

 

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