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Fund des Monats

November 2001: Das Mädel aus Salzwedel

Eine mittelalterliche Spielzeugfigur

Unser Fund des Monats stammt von einer Grabung in Salzwedel, Neuperver Straße. Ein Mauerkarree aus Findlingen erwies sich als Fundamente eines Wohnhauses aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Dort stießen die Ausgräber, - unter dem Sandbett eines jüngeren Ziegelfussbodens - auf eine ältere Schicht, die mit ihren Keramik- und Knochenfunden wohl in das Mittelalter datiert. Hier fand ein Grabungsarbeiter das naiv aussehende Püppchen aus gebranntem Ton: unseren FUMO November (Abbildungen 1).

Die Figur ist 10,5 Zentimeter hoch, frei modelliert mit einer Standfläche. Das Material, ein graublau-schwarz changierend gebrannter, grob gemagerter Ton, ist typisch für diese Zeit (Abbildungen 2 und 3).

Die Figur ist mit einem Kapuzenmantel bekleidet, dessen Zipfel abgebrochen ist. Beide Arme sind an der Schulter abgebrochen, ebenfalls verloren gegangen sind das markant ausgeformte Kinn, der Haaransatz an der rechten Seite mit dem Kapuzenrand, die Nasenspitze, ein Auge und der untere Rand des Gewandes. Alle Bruchstellen sind alt.

Das Gesicht ist überproportional groß und detailliert ausgearbeitet. Unter dem Kapuzenrand schaut ein dichter Haarkranz, der stark gekerbt dicke Haarsträhnen andeuten soll, hervor. Die Stirn ist ausgeprägt, auch die Augenhöhlen mit den angesetzten, knopfartig abstrahierten Augen. Eine riesige Nase, ausgeprägte Wangenpartien und der separat geformte und aufgesetzte Mund mit wulstigen Lippen geben dem Gesicht ein karikaturhaftes Aussehen. Der Ausdruck wirkt trotz abgebrochenem Kinn grotesk. Ein kurzer Hals auf dem geraden säulenartigen Körper verstärkt den markanten Eindruck. Schwach angedeutete Brüste und ein langer ausgestellter Rock zeigen, dass man eine Frau oder Mädchen darstellen wollte. Der Rocksaum ist gleichzeitig die Standfläche.

Eine riesige Nase, ausgeprägte Wangenpartien und der separat geformte und aufgesetzte Mund mit wulstigen Lippen geben dem Gesicht ein karikaturhaftes Aussehen. Der Ausdruck wirkt trotz abgebrochenem Kinn grotesk. Ein kurzer Hals auf dem geraden säulenartigen Körper verstärkt den markanten Eindruck. Schwach angedeutete Brüste und ein langer ausgestellter Rock zeigen, dass man eine Frau oder Mädchen darstellen wollte. Der Rocksaum ist gleichzeitig die Standfläche. Die Rückseite der Figur ist bis auf den ausgeformten Zipfel der Kapuze relativ glatt, soweit der grob gemagerte und wenig durchgeknetete grau-schwarze Ton dies zulässt. Das Kapuzengewand war im Mittelalter das typische bürgerliche Alltagsgewand. Der Kapuzenmantel war im Mittelalter das Übergewand schlechthin, bestehend aus Filz oder Wolle schützte es gegen Wind und Wetter.

Bei unserer Tonfigur scheint es sich um ein Spielzeug zu handeln. Spielzeugfiguren kennen wir aus vielen mittelalterlichen Grabungen, sie wurden wahrscheinlich von ortsansässigen Töpfereien hergestellt. Die Töpfer fertigten solche und andere Figuren oft als Beiwerk neben ihrer üblichen Arbeit für gute Kunden oder als Geschenke für Kinder. Anderes Spielzeug war oft aus Holz, Stroh oder Lumpen und wurde, wenn es schadhaft war, ins Feuer geworfen. Noch rarer war Spielzeug aus Metall, da es eher eingeschmolzen als weggeworfen wurde. Und so bleiben uns nur noch die Tonfigürchen aus dem Mittelalter, die uns einen Einblick in das kindliche Spiel dieser vermeintlich so ›dunklen‹ Zeit geben.

Was auf den ersten Blick wie die Arbeit eines ungeübten Freizeittöpfers oder Kindes aussieht, zeigt jedoch bei näherem Hinsehen die Spuren eines routinierten, aber sehr naiven Handwerkers. Beispielsweise besteht der Haaransatz nicht aus kleinen auflegten Tonwürstchen (wie es Kinder und Hobbytöpfer auch heute meistens tun), sondern sie gehen aus routiniert eingedrückten Einkerbungen hervor. Vermutlich war diese Figur nicht die erste dieser Art, die der Keramiker gebaut hat.

Etwas ›Spieltrieb‹ war aber schon dabei, als die Autorin versuchte, die Puppe nachzubauen, um die Herstellungstechnik nachvollziehen zu können (Abbildungen 4 bis 8).


Text: Sigrid Woehl
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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