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Fund des Monats

Dezember 2013: Verborgen unterm Blätterdach

In den dichten Wäldern des Harzes verbergen sich unzählige archäologische Fundstellen. Viele von ihnen sind bisher gänzlich unbekannt, über andere liegen nur unzureichende Informationen vor.
Die »konventionellen« Prospektionsmethoden stoßen hier oft an ihre Grenzen. Die Luftbildarchäologie lässt unter dem dichten Bewuchs zumeist nur wenig erkennen. Geophysikalische Messungen sind in dem oft unwegsamen Gelände nur wenig praktikabel und selbst die Dokumentation vor Ort führt nicht in allen Fällen zum gewünschten Erkenntnisgewinn.

Hier bietet die Methode des Laserscannings völlig neue Möglichkeiten. Mit dem sogenannten ALS (Airborne Laserscanning) beziehungsweise LiDAR (Light Detection and Ranging) wird die Geländeoberfläche aus der Luft – im Gegensatz zum TLS (Terrestrial Laserscanning), das von einer Bodenstation aus erfolgt – mittels Laserstrahlen punktweise erfasst (Abbildung 1). Die Laserimpulse werden vom Flugzeug oder Helikopter ausgesandt und von Erdboden, Vegetation und Bebauung reflektiert. Aus den gemessenen Daten können grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Höhenmodellen generiert werden. Im DOM (Digitales Oberflächenmodell), das aus den zuerst reflektierten »first echo«-Messwerten berechnet wird, werden in der Geländedarstellung auch Vegetations- und Bebauungsflächen berücksichtigt.

Das DOM ist somit besonders für forstwirtschaftliche, ökologische, städtebauliche oder auch verkehrsplanerische Fragen relevant. Im DGM (Digitales Geländemodell), welches auf den zuletzt reflektierten »last echo«-Messwerten basiert, sind Bewuchs und Bebauung durch rechnerische Verfahren eliminiert und auf ein Abbild der reinen Geländeoberfläche reduziert. Ein daraus erzeugtes »shaded relief« (schattiertes Graustufenbild) ist vor allem in der archäologischen Forschung von Bedeutung. Es kann zum Beispiel die Basis für Geländeforschungen und die gezielte Planung von Ausgrabungsaktivitäten bilden. Es bietet zudem die Möglichkeiten zur Identifizierung und Lokalisierung von Befestigungswerken, zur Visualisierung alter Verkehrswege und Landmarken sowie zur präzisen Erfassung bisher unbekannter Fundstellen (Bofinger u. a. 2007, 153–155).

Mit der Methode des Laserscannings und dem DGM können auch für die Geschichte des Harzes neue Erkenntnisse gewonnen werden. Neben Landmarken, Wegerelikten, Wüstungen, Äckern, Bergbaurelikten, Wasseranlagen, Meilern und Grabhügeln lassen sich auch Erdwerke beziheungsweise Burgwälle im Gelände erkennen.
So ergeben sich zum Beispiel für die Burgenforschung neue Ansätze. Historische Quellen überliefern zwar die Existenz von Burganlagen im Harz und seinem Vorland, doch sind Aussagen zu genauer Lage im Gelände, Grundriss, Befestigungsweise und Innenbebauung bisher meist nur unzureichend zu treffen. Diesem Umstand können die LiDAR-Daten Abhilfe schaffen. Es bietet sich ebenfalls die Möglichkeit, räumliche Bezüge in großer Präzision darzustellen und so beispielsweise Belagerungsschanzen auf benachbarten Bergen und Anhöhen im Detail zu erfassen.

Die Heinrichsburg, wenige hundert Meter nördlich des Ortes Mägdesprung (Landkreis Harz) gelegen (Abbildung 2), soll hier exemplarisch vorgestellt werden. Die noch heute in Resten erhaltene Burgruine (Abbildung 3) befindet sich auf einem von Nordosten nach Südwesten verlaufenden, schmalen Bergsporn. Sie umfasst eine kleine rechteckige Kernburg mit den Resten des Bergfrieds und der Ringmauer. Ringsherum ist die ovale Unterburg angelegt. Nordöstlich vorgelagert ist die durch zwei tiefe Gräben abgeriegelte Vorburg (Stolberg 1968, 163 Nr. 192). Das gesamte Burgareal erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 0,65 Hektar.
Die Burganlage wird erstmals im Jahr 1290 urkundlich erwähnt. Allerdings erfolgt dieser Beleg nur indirekt mit der Nennung eines »Iwanus miles de Heinrichesberge« (CDA II, 474 Nr. 670), der jedoch mit Sicherheit der Heinrichsburg bei Mägdesprung zugeordnet werden kann. Eine Datierung in diese Zeit konnte auch durch zahlreiche Funde von Keramikscherben bestätigt werden.

Auf der im Südwesten direkt gegenüberliegenden Anhöhe befindet sich in etwa 180 Meter Entfernung eine kleine, nahezu quadratische Schanze, die nach Nordosten durch einen steilen Abhang und zu den anderen Seiten durch tiefe Gräben und nur rudimentär erhaltene Wälle gesichert ist. Von ihr aus wurde im 14. Jahrhundert die Heinrichsburg belagert und zumindest teilweise zerstört. Zahlreiche Funde eiserner Spitzen von Armbrustbolzen (Abbildung 4) auf der Südwestseite der Burg stützen diese Interpretation (Müller 2012, 300–331).
Betrachtet man das DGM der Heinrichsburg (Abbildung 5), wird der räumliche Bezug zur gegenüberliegenden Schanze so deutlich, wie dies mit alten Plänen und Kartierungen allein nicht möglich gewesen wäre. Die Wall-Graben-Systeme treten eindrucksvoll hervor und die strategisch äußerst günstige Position für den Standpunkt einer Belagerung ist eindeutig erkennbar.
Die vielfältigen Analysemöglichkeiten des DGM werden bisher erst in Ansätzen genutzt. Sichtfeldanalysen, Volumenberechnungen von Wällen und Ähnliches können hier künftig viele weitere Aussagen ermöglichen. Doch stecken diese Untersuchungen für die Harzregion noch in den Anfängen.


Text: Anna Swieder
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

 

Literatur

J. Albertz. Einführung in die Fernerkundung. Grundlagen der Interpretation von Luft- und Satellitenbildern (Darmstadt 2007).

J. Bofinger/S. Kurz/S. Schmidt, Hightech aus der Luft für Bodendenkmale. Airborne Laserscanning (LIDAR) und Archäologie. Denkmalpfl. Baden-Württemberg 36,3, 2007, 153–158.

Codex diplomaticus Anhaltinus. Zweiter Theil. 1212–1300. Hrsg. v. O. v. Heinemann (Dessau 1875).

C. Müller, Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Wehrtechnik im Harzgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Quedlinburger Balliste. Burgen u. Schlösser Sachsen-Anhalt 21, 2012, 235–375.

F. Stolberg, Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit. Ein Handbuch. Forsch. u. Quellen Gesch. Harzgebiet 9 (Hildesheim 1968).

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