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Denkmal des Monats

Mai 2015: Albinmüller-Turm, Magdeburg

Der Turm wurde zusammen mit der noch heute erhaltenen Stadthalle und dem Pferdetor über dem östlichen Elbufer im Kulturpark Rotehorn anlässlich der Deutschen Theater-Ausstellung Magdeburg 1927 als städtischer Aussichtsturm nach Entwurf von Prof. Albinmüller errichtet. Für die bildplastischen Elemente zeichnete der Bildhauer Wilhelm Deffke verantwortlich. Dem unmittelbar benachbarten Bau der Stadthalle gleichsam als Campanile zugeordnet, bestimmt der 60 Meter hohe Turmbau neben den Domtürmen in erheblichem Maße die östliche Stadtsilhouette Magdeburgs bis heute. Zusammen mit dem 1930/32 in der Nähe des Hauptbahnhofs errichteten Hochhaus des Faber-Verlages, circa 45 Meter hoch, gehört er zu den städtebaulichen Dominanten der 1920er und 30er Jahre in Magdeburg, der Stadt des Neuen Bauwillens, in denen die zukunftsweisende Idee Bruno Tauts zur Entwicklung neuer Hochhausprojekte anklingt. Konstruktiv handelt es sich bei dem überschlanken Turmbau um eine mittels Beton-Ambisteine verblendete Eisenbetonkonstruktion auf quadratischem Grundriss von neun mal neun Metern Grundfläche, die von einem circa 15 Meter hohen Aufbau in transluzenter Stahl-Glaskonstruktion bekrönt wird (Abbildung 1). Die Laterne wurde in unverkennbarer motivischer Anlehnung an Josef Hoffmanns Palais Stoclet in Brüssel gestaltet. In diesem gläsernen Kopfbau befand sich ursprünglich ein zweigeschossiges Café/Restaurant mit Aussichtsterrasse und innerer hinterleuchteter Alabasterbekleidung. Zur Belebung der Gebäudesilhouette wurden Turm und Aufsatz asymmetrisch gegeneinander versetzt. Die Ecken des Schaftes sind durch kleine querformatige Fenster betont. An der Südwestecke sind rippenartig schmale Lisenen mit dazwischen liegenden vertikalen Lichtschlitzen über die gesamte Höhe des Turmschaftes angeordnet. Diese sind ebenso wie der gläserne Laternenaufsatz zu abendlicher Beleuchtung bestimmt und greifen Tauts utopische Konzeptionen einer Glas- und Lichtarchitektur auf.

Am oberen Schaftende steht die monumentale heraldische Relieffigur der Magdeburger Jungfrau in geometrisch stilisierter Gestaltung von Wilhelm Deffke. Die langgewandete Frauenfigur hält einen Lorbeerkranz in der erhobenen Rechten. Vor dem östlichen Hauptzugang befand sich ursprünglich ein pergolaartig eingefasster Vorhof mit Kriegerfigur als Türwächter. Das Innere des Turmschaftes ist durch vier durchlaufende Freistützen mit schalungsrauher Betonoberfläche gegliedert (Abbildung 2). Die Erdgeschosshalle zeigt sich mit einer an den Außenwänden geführten Stahlbetontreppe großzügig geöffnet. Diese verläuft ab dem 1. Obergeschoss innerhalb der Stützen mit offenem Auge als dreiläufig gerade Kragtreppe mit Zwischenpodesten und Stabgeländer bis zur Aussichtsplattform in 45 Metern Höhe und ist von enormer zentralperspektivischer Wirkung. Der Aussichtsturm im Rotehornpark als das Stadtbild beherrschendes und in hohem Maße silhouettenwirksames Bauwerk ist ein bedeutender Point de vue für zahlreiche Sichtachsen im Bereich des historischen Parks auf dem Werder und verschiedener innerstädtischer Straßenzüge. Als experimentelle Lichtinszenierung stellt er eine der bemerkenswertesten Symbolarchitekturender 1920er Jahre und in seiner funktionalen Eleganz der Formensprache ein herausragendes Zeugnis des Neuen Bauens in Magdeburg dar.
In den Jahren 2004 bis 2006 wurde der Turm umfassend instand gesetzt und restauriert sowie der obere Laternenaufsatz erneuert. Die Idee der Wiedereröffnung eines Turm-Cafés wartet noch auf ihre Umsetzung.


Text: Andreas Huth
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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