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Denkmal des Monats

März 2021: Kirche, Großkühnau

Die Kirche zu Großkühnau ist einer der interessantesten Sakralbauten im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Die von Carlo Ignazio Pozzi in den Jahren 1828 und 1829 errichtete Kirche ersetzte einen Vorgänger vermutlich aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Die Großkühnauer hatten sich mit allen Kräften gegen den Neubau gewehrt, sodass Herzog Leopold Friedrich das Vorhaben aus eigenen Mitteln finanzieren musste. Mehrere Ausstattungsstücke sind jedoch älter als dieser Neubau, unter anderem zwei Bronzeglocken aus dem 11. und 12. Jahrhundert, ein Kapitell aus dem 13. Jahrhundert und mehrere runde, mit farbigen Darstellungen versehene Glasscheiben. Acht dieser Scheiben sind nach den Formen der Figuren, der Bildung der Gewänder und der Art der Landschaftsdarstellungen im frühen 16. Jahrhundert entstanden und gehören zu einem Zyklus.
Eine der Scheiben zeigt die Erschaffung Evas in einer während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts üblichen Weise: Gottvater kniet vor dem liegenden Adam und Eva steht in dessen Seite. Gottvater berührt die erste Frau an der Schulter – verleiht ihr damit ihre Seele – und segnet das erste Menschenpaar. Wie ebenfalls üblich, wird die Handlung im Paradies dargestellt. Der Segensgestus verweist auf eine der zahlreichen Bezüge der Szene, denn sie gilt als das Urbild des sacramentum magnum, der Verbindung von Mann und Frau in der Ehe. Daneben trägt die Szene traditionell viele andere Deutungsschichten – sie zeugt vom Platz des Menschen in der Schöpfung, vom Verhältnis der Menschen zum Schöpfer und nicht zuletzt von dessen Verhältnis zu Mann und Frau: Nicht zufällig vermittelt die Figur der Eva zwischen der Gottvaters und der des ersten Mannes (Abbildung 1). Alle diese Bedeutungsschichten treten hier durch die naiv aufgefasste und gerade deswegen reizvolle Darstellung etwas zurück.

Die übrigen sieben Scheiben des Zyklus zeigen den Sündenfall, die Geburt Christi, die Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige, die Taufe Christi, die Kreuztragung, Christus am Kreuz sowie die Himmelfahrt Christi.
Die Scheiben und auch die übrigen älteren Stücke sind absichtsvoll in die Gestaltung des Baus einbezogen. Die Großkühnauer Kirche ist einer der frühesten Sakralbauten Deutschlands, bei dem neoromanische Formen verwendet wurden (Abbildung 2). Diese bilden zusammen mit den geschichtsträchtigen alten Stücken ein beeindruckendes Ensemble.

 

Text: Volker Seifert
Redaktion: Sabine Meinel, Uwe Steinecke
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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