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Fund des Monats

August 2002: Die bronzene Armbrustfibel vom Freyburger Marktplatz

Freyburg – bekannt als Weinanbaugebiet und Hauptsitz der Sektkellerei ›Rotkäppchen‹ – feiert im kommenden Jahr das 800jährige Jubiläum ihrer Ersterwähnung. In dieser ältesten überlieferten Urkunde aus dem Jahr 1203 wird ein Streit zwischen Lehnsleuten des Bischofs von Bamberg mit dem Kloster Reinsdorf geschlichtet.

Hoch über der Stadt thront die ab 1145 schriftlich bekundete Neuenburg – eine der wichtigsten ludowingischen Burgen. Die Stadtgründung ist ursächlich auf ihre Nähe zur Burg zurückzuführen und dürfte bereits um 1170 unter Ludwig II., dem Initiator des landgräflichen Städtebaus, erfolgt sein. Für eine planmäßige Anlage spricht die rechtwinklige Straßenführung in der Altstadt. Deren Zentrum bildet die noch heute sichtbare Terrasse im Marktbereich.

Im Zusammenhang mit einer Neugestaltung des Marktplatzes werden seit März 2002 Ausgrabungen durch das Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt durchgeführt, die noch in diesem Jahr abgeschlossen sein werden (Abbildungen 1 und 2). Das Gelände des 30 mal 55 Meter großen Marktplatzes fällt von Nordosten nach Südwesten um mehr als 2,7 Meter ab. Da die Baumaßnahmen eine Ausschachtung der Gesamtfläche von 0,9 Meter Tiefe vorsehen, ergab sich die Notwendigkeit einer archäologischen Untersuchung. Dabei wird das Areal in fünf aufeinanderfolgenden Teilflächen archäologisch abgearbeitet, um eine Befahrbarkeit zu gewährleisten, Beim derzeitigen Arbeitsstand und kurz vor Abschluss der Fläche 4 kann für den Marktplatz und sein näheres Umfeld folgendes Bild skizziert werden: Die früheste Begehung setzt um 5000 vor. Christus ein und in der Folgezeit ist das Gebiet immer wieder als Siedlungs- und / oder Bestattungsplatz aufgesucht worden.

Die Fibel kam am 18.04.2002 beim Kratzerplanum in Fläche 2 zutage (Abbildung 3). Die Fundstelle war bereits von einen Mitarbeiter markiert, er hatte sämtliche Flächen und Erdabtragungen mit einem Metalldetektor durchsucht (Abbildung 4). Die Fibel befand sich in der komprimierten Schwarzerde und war an dieser Stelle durch das älteste Pflaster geschützt.

 

Unmittelbar neben der bronzenen Fibel lag ein Hufeisen. Weiterhin entdeckte man in dem obersten Bereich der Schwarzerde vereinzelt Funde wie Knochen, Keramik, Ziegelfragmente und noch mehr Hufeisenbruchstücke und –nägel (Abbildung 5).

Fibeln dieser Art waren im dritten Jahrhundert nach Christus häufig Bestandteil der Bekleidung. Sie dienten dazu, einen Mantel oder das Obergewand zu befestigen und hatten etwa die Funktion einer Sicherheitsnadel. Auch wenn das Funktionsprinzip ähnlich ist, unterscheiden sie sich in Form, besonderen Verzierungen oder manchmal auch durch das verwendete Material.

Das Stück aus Freyburg ist etwas Besonderes. In der Regel sind Fibeln dieser Zeit aus Bronze gefertigt. Als Verzierung besitzen sie Kerben, Dellen oder auch Muster in Tremolierstich. Weitaus weniger Fibeln dieser Art sind aus massivem Silber hergestellt. Als Zierelemente tragen sie oft an den beiden Enden des Bügels, extra montierte Schmuckplatten. Dazu benutzte man silbernen Perldraht und vergoldetes silbernes Pressblech, manchmal auch noch Einlagen aus Glas.

Die Abstufungen im Material spiegeln Standesunterschiede wider, denn die prächtigsten Fibeln sind auch aus den reichsten Gräbern bekannt.

Die Fibel aus Freyburg, obwohl nur aus Bronze, sollte jedoch offensichtlich in ihrer äußeren Erscheinung aufgewertet werden (Abbildung 6). Man versah sie mit silbernen Perldrahtringen und verzierte sie in der gleichen Weise, wie man es sonst mit Siberfibeln tat. So war es nicht einfach eine Fibel wie viele andere, es war ein ganz besonderes Stück, das sich von der Masse abhob und sicher auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit betrachtet wurde (Abbildung 7).

Die Fundumstände auf dem Marktplatz in Freyburg liefern nur wenig weitere Erklärung zu dem Stück. Dennoch wird hier eine sehr individuelle Haltung deutlich, der Besitzer oder die Besitzerin wollte etwas Besonderes zeigen und hatte einen gewissen Anspruch an die Objekte des eigenen Umfeldes. So wird wohl die Trauer über den Verlust eines solchen Stückes groß gewesen sein, und es dürfte den damaligen Menschen kaum trösten, dass der Fund heute als Beweis dafür dient, dass Freyburg auch im dritten Jahrhundert nach Christus besonderer Ort gewesen sein muss.

Bislang stehen weitere Funde der römischen Kaiserzeit aus. Die gute Erhaltung der Fibel lässt eher an einen Bestattungsplatz denn an einen Siedlung, also einen Marktplatz denken. Wahrscheinlich wurde durch die mittelalterlichen Bodenbewegungen der Fundzusammenhang aufgelöst und die Fibel umgelagert. Sollte die Fibel der einzige Beleg aus diesem Zeitabschnitt bleiben, ist er am ehesten als Verlustfund zu interpretieren. Die günstige Lage Freyburgs korrespondiert mit bedeutsamen Handelsrouten und Verkehrswegen sowie der nahe gelegenen Furt durch die Unstrut, die schon vor dem Mittelalter genutzt wurden.


Text: Doris Winter, Matthias Becker
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

Literatur

Bernd W. Bahn, Die Vor- und Frühgeschichte des Burgenlandkreises. Archäologische Berichte aus Sachsen- Anhalt I 1995, (Halle[Saale] 1995) 193 – 291.

Das alte Freyburg. Novum Castrum – Schriftenreihe des Vereins zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V. 3 (Freyburg [Unstrut] 1994).

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