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Fund des Monats

August 2021: Löwe im Schild

Ein Ritterwappen aus der Dorfwüstung »Gottesstiege«

Die lange anhaltende Trockenheit in den letzten beiden Sommern führte nicht nur in Sachsen-Anhalt zu verdorrten Weiden und Wiesen. Den Schäden wurde mitunter versucht mittels einer Erneuerung der Grasnarbe durch Grünlandumbruch beizukommen.

An mehreren Stellen traten Funde zu Tage, die durch die Bodenbearbeitung an die Oberfläche gelangten, so auch südwestlich von Genthin. Dort konnte von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter ein aus den Schriftquellen bekanntes mittelalterliches Dorf namens »Gottesstiege«  näher lokalisierte werden, dass im Verlauf des 14. Jahrhunderts verlassen worden war (Reischel 1930, 52). Die Gründe für den Niedergang der Ortschaft konnten bislang nicht ermittelt werden. Zu denken ist etwa an kriegerische Auseinandersetzungen, an Seuchen oder an Starkregen und Bodenerosion, die insbesondere um die Mitte des 14. Jahrhunderts mitteleuropaweit zu Ernteeinbußen führten (Bork u.a. 2011).
Unter den zahlreichen Funden, die die Ausdehnung des ehemaligen Dorfes markieren, sticht ein schildförmiger Beschlag hervor. Das Stück besteht aus dünnem Buntmetallblech und ist an der Schauseite vergoldet. Das getriebene Motiv zeigt einen nach links steigenden Löwen. An den drei gerundeten Ecken finden sich Nietlöcher zur Befestigung (Abbildung 1).

Der Löwe gilt im Mittelalter einerseits als Abbild des Bösen und menschenverschlingendes Ungeheuer, andererseits als Symbol der Stärke (Mende 2005, 92). Für die Wiedergabe auf den schildförmigen Beschlägen ist sowohl eine unheilabwehrende Funktion als auch die Präsentation von Macht denkbar, in erster Linie sind sie aber in den Bereich der Heraldik einzuordnen (Abbildung 2). Es handelt sich um Wappendarstellungen als »Sinnbild adeliger Herkunft und noblen Umgangs« und als »Ausdruck der gottgewollten hierarchischen Ordnung der mittelalterlichen Gesellschaft.« (Schneider 1992, 88; Abbildung 3).

Text: Donat Wehner
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

 

Literatur

H.-R. Bork/A. Beyer/A. Kranz, Der 1000-jährige Niederschlag des Jahres 1342 und seine Folgen in Mitteleuropa. In: F. Daim/D. Gronenborn/R. Schreg (Hrsg.), Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung. Tagung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, 19./20. September 2008 (Mainz 2011) 231–242.

U. Mende, Romanische Löwenbilder. In: M. Puhle (Hrsg.), Magdeburg 1200: Mittelalterliche Metropole, preußische Festung, Landeshauptstadt. Die Geschichte der Stadt von 805 bis 2005 [Ausstellungskat. Magdeburg] (Stuttgart 2005) 92-93.

G. Reischel, Wüstungskunde der Kreise Jerichow I und Jerichow II (Magdeburg 1930).

J. E. Schneider, Zürich. In: Niklaus Flüeler (Hrsg.), Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300. Katalog zur Ausstellung Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch – Die Stadt um 1300 (Stuttgart 1992).

M. Wojenka 2013, The heraldic mount from Ciemna Cave at Ojców. From studies in the medieval culture of chivalry. Acta Archaeologica Carpathica 48, 2013, 227–263.

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