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Denkmal des Monats

April 2019: Lutherkirche, Gustav-Adolf-Straße 1, 3, Weißenfels

Die Lutherkirche in Weißenfels wurde 1926 bis 1928 nach Plänen des halleschen Architekten Raimund Ostermaier (1879 bis 1960) im konservativen Heimatschutzstil der Stuttgarter Schule errichtet. Durch ihre Hanglage, insbesondere aber durch ihren nadelspitzen Turm ist die Lutherkirche neben dem Schloss, der Marienkirche, der Bergschule und dem Bismarckturm eines der prägenden Bauwerke der Weißenfelser Stadtsilhouette.

Der programmatisch schmucklose Bau birgt mit seinem von Wilhelm Groß geschaffenen expressionistischen Monumentalkreuz im Chor und den 1928 von Ina Hoßfeld (1881 bis 1943) entworfenen Glasfenstern im Kirchenschiff eine Ausstattung von überregionaler Bedeutung (Abbildung 1). Sowohl Wilhelm Groß als auch Ina Hoßfeld gehörten der Lebensreformbewegung an. Ein Zentrum dieser Kreise waren Bad Kösen und Naumburg, wo Ina Hoßfeld damals mit ihrem Mann, Friedrich Hoßfeld, Stadtbaurat von Naumburg, lebte. Die Fenster gehören ihrer mittleren Schaffensphase von 1926/27 bis 1938 an. Nach einem Studienaufenthalt am Goetheanum in Dornach schuf sie in ganz Deutschland mehrere Arbeiten in der dort neu entwickelten Glasschlifftechnik mit biegsamer Welle an großen Überfanggläsern im Sinne der anthroposophischen Farbenlehre Rudolf Steiners. Diese Technik kommt ganz ohne die traditionelle Schwarzlotbemalung aus. Es wird nur mit der Farbe des Überfangglases mittels Schleifen und Sandstrahlen gearbeitet. Die sieben Weißenfelser Glasfenster, jedes davon in einer anderen Grundfarbe und mit unterschiedlich kristallin anmutender Struktur des Bleigerüsts, im unteren Teil übergehend in expressionistisch extrahierte biblische Szenen, sind in Deutschland in der ausschließlichen Verwendung dieser Technik und in der Anzahl ihres erhaltenen Bestandes einmalig.

Das hier gezeigte Fenster zeigt das Gleichnis der klugen und törichten Jungfrauen (Matthäus 25,1–13). Dargestellt ist Jesus, vor ihm die fünf klugen Jungfrauen, in den Händen ihre brennenden Öllampen haltend, rechts und links davon die fünf törichten Jungfrauen, die ihre Gesichter weinend in den Händen bergen (Abbildung 2).

Der Wert des Fensterbestandes liegt aber auch darin, dass hier die bauliche Hülle sowohl im Äußeren als auch im Inneren nahezu bauzeitlich erhalten ist, die Fenster also in ihrer Wechselwirkung zur damaligen Umgebung erlebt werden können. Eine restauratorische Untersuchung im Sommer 2013 konnte die ursprüngliche, stark farbige Fassung von Wänden und Decke belegen. Deren Wiederherstellung ist denkmalfachliches Ziel, damit die Gläser wieder als Teil der Wände erlebt werden können und nicht als Bilder auf einer hellen Wand.


Text: Marina Meinecke
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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