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Denkmal des Monats

Januar 2023: Hofgestüt Bleesern, Lutherstadt Wittenberg, Ortsteil Seegrehna

Bereits 1444 züchteten die sächsischen Kurfürsten im ehemaligen Vorwerk Bleesern Pferde. Zwischen 1676 und 1686 wurde die heute bestehende frühbarocke Vierflügelanlage errichtet, die erstmals alle notwendigen Funktionsbereiche eines Gestüts in einem geschlossenen Gebäudekomplex vereinte – was wegweisend für die weitere Entwicklung dieser Baugattung war.

Dafür entstanden nicht mehr nur schmucklose Ställe und Scheunen, sondern monumentale Repräsentationsbauten. In ganz Europa gibt es kein Vergleichsbeispiel, das älter ist als Bleesern.
Der Baumeister war Wolf Caspar von Klengel (1630 bis 1691), einer der kunstgeschichtlich bedeutendsten deutschen Architekten des 17. Jahrhunderts. Die Gestütanlage Bleesern ist eines der ältesten Zeugnisse des höfischen Dresdner Barock und eines von ganz wenigen erhaltenen Bauwerken Klengels. Die charakteristischen Rundbogenportale mit darüber liegenden ovalen Ochsenaugenfenstern kennzeichnen den persönlichen Stil Klengels, der dieses Motiv am Residenzschloss ebenso verwendete wie am kurfürstlichen Hofthea­ter, an Kirchen, Festungsbauten und als Zugang zum ehemaligen Stutenstall des landesherrlichen Gestüts (Abbildung 1). Bleesern ist zugleich ein zentraler Ort der Landes- und Reformationsgeschichte. Nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde 1547 in Bleesern der Herrschaftswechsel von der ernestinischen zur albertinischen Linie der Wettiner vollzogen: Seitdem wird Sachsen von Dresden aus regiert. Regelmäßig war Bleesern Aufenthaltsort gekrönter Häupter: Hier weilten Kaiser Karl V., im 16. und 17. Jahrhundert fast alle sächsischen Kurfürsten, darunter mehrfach August der Starke, sowie die preußischen Könige Friedrich II. und Friedrich Wilhelm IV.

Nach der Privatisierung durch die Treuhandanstalt drohte dem denkmalgeschützten Bauwerk, das im 19. Jahrhundert als preußische Domäne und nach 1945 als Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (kurz: LPG) genutzt worden war, der Abriss. Der damalige Eigentümer hatte bereits Teile des Daches und der inneren Konstruktion zerstört und vor Gericht die Abbruchgenehmigung erstritten.

In letzter Minute konnte der 2010 gegründete Förderverein Hofgestüt Bleesern e. V. den Verlust des Baudenkmals abwenden, indem er die Gebäude und Flächen erwarb und seitdem gut eine halbe Million Euro aus Spenden und Fördermitteln in die Sicherung und Reparatur der Bausubstanz investierte (Abbildung 2). 2017 wurde er mit der »Silbernen Halbkugel«, dem Deutschen Preis für Denkmalschutz, ausgezeichnet.


Text: Mario Titze
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

 

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