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Fund des Monats

Juli 2023: Von wegen altes Eisen – über die Restaurierung von archäologischem Eisen

Wird Eisen auf einer archäologischen Ausgrabung gefunden, ist oft nicht mehr erkennbar, um was für einen Gegenstand es sich eigentlich handelt. Es bildet sich meist eine so starke, unregelmäßige und mit Rostblasen durchsetzte Korrosion aus, dass die Eisenobjekte teils bis zur Unkenntlichkeit deformiert sind (siehe Abbildungen 1 bis 3 im Vorzustand). Wenn die Oberfläche auch noch von Rissen und Brüchen durchzogen ist, zerfällt das Eisen zusätzlich dazu in viele kleine Teile. Nicht nur die Größe und die Form der Objekte sind unter der Korrosion verborgen, auch Verzierungen oder Herstellungsmerkmale wie Tauschierungen, Plattierungen und andere metallische Überzüge, Schmiedemarken und Damaszierung sind meist vollständig von der Eisenkorrosion bedeckt und zunächst nicht erkennbar. Durch Röntgen oder computertomografische Untersuchungen kann ein erstes Bild vom inneren Aufbau und Form des Objektes gewonnen und einige dieser Details schon vor der Freilegung sichtbar gemacht werden (siehe Abbildungen 2 und 3 Röntgenbilder).

Um archäologischen Eisenfunden ihre ursprüngliche Form zurück zu geben und die Details wieder sichtbar zu machen, müssen die aufliegenden Korrosionsschichten mechanisch entfernt werden. Die Korrosionsschichten bestehen aus den Korrosionsprodukten des Eisens (wie Eisenoxide und -Eisenhydroxide) in unterschiedlichen Gelb-, Orange-, Rot- bis Brauntönen und den ankorrodierten Sedimentbestandteilen des Bodens. Nach Innen zum Eisenkern hin werden die Schichten immer fester und dunkler. Hier sind manchmal auch Reste von organischen Auflagerungen wie zum Beispiel von Holz, Leder oder Textil zu finden. Diese erhalten sich sonst nur unter besonderen Bedingungen. Durch die Eisenkorrosion können sich aber Reste dieser organischen Komponenten in mineralisierter Form erhalten. Direkt auf dem Eisenkern schließlich befindet sich eine anthrazitfarbene kompakte Korrosionsschicht, die vorwiegend aus Magnetit besteht. Sie wird als ›originale Oberfläche‹ bezeichnet und ist die Schicht, die bei der Restaurierung freigelegt wird (siehe Abbildungen 1 bis 3 im Endzustand). In ihr finden sich die Spuren von der Herstellung und Nutzung. Für die mechanische Freilegung der Oberfläche werden zuerst die groben Korrosionsschichten mit einem Dentalschleifgerät und unterschiedlichen Diamant- und Korundschleifköpfen reduziert. Die inneren Korrosionsschichten werden in einem Mikrofeinstrahlgerät mit Korund und Glasperlen freigestrahlt. Während der Restaurierung müssen die Objekte meist immer wieder geklebt und gefestigt werden. Wenn organische Strukturen zum Vorschein kommen, werden diese mit feinen Präpariernadeln unter dem Mikroskop freigelegt. Zur Konservierung bekommen die Eisenobjekte zuletzt einen Schutzüberzug mit Paraloid B72 und mit mikrokristallinem Wachs. Um Eisenfunde vor einer Nachkorrosion zu bewahren, ist die richtige Lagerung in einem konstanten Klima unter 35 Prozent relativer Feuchte im Funddepot sehr wichtig (Vergleich unter anderem Cronyn 2004, 176–202, Selwyn 2004, 89–114, Fendel 1994, 106–125, Fischer 1994).

Stellvertretend für archäologische Eisenfunde seien hier exemplarisch einige besonders interessante Eisenfunde aus dem Gräberfeld von Brücken vorgestellt. Bei einer Ausgrabung weisen verfärbte Spuren im Boden auf das ursprüngliche Vorhandensein von Gegenständen aus organischem Material hin, denn oft sind nur noch die übriggebliebenen metallenen Bestandteile erhalten. So ist es auch bei dem merowingerzeitlichen Schild aus Grab 82 (Abbildung 1). Hier ist nur der eiserne Schildbuckel vorhanden, während die hölzernen Bestandteile des Schildes vergangen sind. Der Schildbuckel wurde ursprünglich in der Mitte auf der Vorderseite des Schildes angebracht, um die Hand zu schützen. In der Mitte des Schildbuckels sitzt ein mit Silberblech überzogener Spitzenknopf. Der Schildbuckel wurde rundherum mit fünf großen eisernen Schildnieten auf dem Holzschild befestigt. Die Nietköpfe wurden ebenfalls mit Silber plattiert. Auf der Rückseite des Schildbuckels lässt sich mit dem Abstand der umgebogenen Nietstiftenden die ursprüngliche Dicke der Holzbretter des Schildes ermitteln. Die einzelnen Planken müssen zwischen sechs und sieben Millimeter stark gewesen sein. Auf der Rückseite des Schildbuckels sitzt der Griffteil. Hier wurde eine lange eiserne Schildfessel befestigt, an welcher mittig der Holzgriff angebracht wurde. Einige Reste vom Holzgriff sind in mineralisierter Form direkt am Eisen erhalten. Der Griffteil wurde mit einem Lederriemen umwickelt, auch hiervon sind Reste zu erkennen. Die langen Enden der Schildfessel verlaufen quer über die einzelnen Planken des Schildes, sie diente so auch zur Stabilisierung der Bretter des Schildes untereinander. Durch die Länge der Schildfessel von 43 Zentimeter lässt sich auch die Mindestgröße des Schildes ableiten.

Auch bei den unterschiedlichen Beilen aus den Gräbern (Abbildung 2) ist unter den dicken Schichten der Korrosion zunächst nicht erkennbar, um was für Gegenstände es sich handelt. Im Röntgenbild ist schon die grobe Form erkennbar, obwohl Rostblasen und Korrosion diese Bild auch deformieren können. Durch die mechanische Freilegung bei der Restaurierung kommt hier zum Beispiel eine Franziska (linke Seite auf Abbildung 2) mit ihrer typischen geschwungenen Form zum Vorschein. Die Franziska (Typ A), war als Wurf- und auch als Hiebwaffe geeignet. Sie fand im 5. und 6. Jahrhundert Verwendung (Hübener 1995, 471 ff). Das Beil ist einschneidig und hat ein schlankes Blatt mit geschwungener Form. Der Stiel bildet, mit der Mittelachse des Blattes einen stumpfen Winkel von maximal 115 Grad (Dahmlos 1977, 141 ff). Im Schaftloch sind noch die mineralisierten Holzreste vom Stiel erhalten. Bei dieser Franziska liegt der Winkel bei 105 Grad, der mittlere Längenbereich (gemessen vom Nacken zur Schneide) liegt bei 17 Zentimeter. Es sind aber auch unterschiedliche andere, große und kleine Beile, mit einfacher Form oder mit stark geschwungenem Blatt in den Gräbern zu finden.

Ein weiterer sehr interessanter Fund sind die drei Pfeilspitzen (Abbildung 3), welche während der langen Bodenlagerung zusammenkorrodiert sind. Sie haben jeweils eine zweiflügelige Blattspitze mit herabgezogener Pfeilbasis. Die Enden der Pfeilspitzen laufen in Tüllen aus, in welchen noch die Reste der hölzernen Schäfte erhalten sind. Die kompakte Lage deutet darauf hin, dass die Pfeile in einem Köcher beigegeben wurden.


Text: Vera Keil
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

Literatur

Janet Margaret Cronyn, The elements of archaeological conservation (London 2004).

Ulrich Dahmlos, Francisca-bipennis-securis. Bemerkungen zu archäologischem Befund und schriftlicher Überlieferung. Germania 55, 1977, 141–165

Heinrich Fendel, Mechanische Bearbeitung von Korrosionsprodukten. In: Peter Heinrich (Hrsg.), Metallrestaurierung. Beiträge zur Analyse, Konzeption und Technologie (München 1994) 106–125

Andrea Fischer, Reste von organischen Materialien an Bodenfunden aus Metall  (Stuttgart 1994)

Wolfgang Hübener, Franziska II Archäologisches. In: Heinrich Beck (Hrsg.), Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 9 (Berlin 1995) 472–476.

Lyndsie Selwyn, Metals and Corrosion: A Handbook for the Conservation Professional. (Ottawa 2004).

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