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Denkmal des Monats

März 2024: Neptunbrunnen, Kleiner Markt, Osterburg

Der in der Altmark einzigartige, prächtige Brunnen (Abbildung 1) auf dem Kleinen Markt am Osterburger Rathaus steht seit 1948 (Quelle: Stadtarchiv Osterburg) nördlich der Evangelische Stadtkirche St. Nikolai, dem im Kern mittelalterlichen, herausragenden Monumentalbau im Stadtbild.

Der Neptunbrunnen ist benannt nach seiner fast lebensgroßen bekrönenden Skulptur, dem auf einem wasserspeienden Delfin sitzenden bärtigen Mann mit Lendentuch und geschmiedetem Dreizack (Abbildung 2). Diese Attribute weisen die Figur als den römischen Meeresgott aus, der als Beschützer der Pferde gilt und der Sage nach mit seiner Stichwaffe Erdbeben auslösen kann. Die mittige Stele darunter ist reich skulptiert im Stil der Neorenaissance. Das Postament Neptuns ist mit einem Fries aus Schalentieren geschmückt. Darunter sind auf den vier Seiten der Stele im vertieften Relief verschiedene Fische zu Gehängen arrangiert. An allen vier Kanten der Stele applizierte, delfinartige Wasserfabeltiere mit erhobenen Schwänzen speien Wasser, das in muschelförmigen Schalen landet, die je ein Atlant auf seiner Schulter trägt. Die aus der griechischen Mythologie bekannten titanischen Himmelsträger, welche als stämmige Männer mit Fellschurz dargestellt werden und Säulen oder Wandpfeiler ersetzen, um Konsolen zu tragen, schmücken hier die Sockelzone des Brunnenpfeilers und stehen über dem runden Wasserspiegel eines flachen Marmorbeckens. Während Brunnensockel und Brunnenstele symmetrisch aufgebaut sind, die Atlanten und Fabelwesen in alle vier Himmelsquadranten gleichberechtigt weisen, wurde die obenauf thronende Neptunfigur mit dem Blick nach Norden ausgerichtet, hin zum Rathaus.

Die Stadtkirche bildet so den Hintergrund des Kunstwerks. Mit ihren drei Ebenen, der beachtlichen Höhe und dem schlanken Aufbau der Stele passt der Brunnen unerwartet gut zur spätgotischen Fassade dahinter. Der Farb- und Materialkontrast zwischen ziegelroter Backsteinkirche und marmorweißer Bildhauerarbeit erscheint besonders reizvoll in der Morgensonne, so wie es der Fotograf dokumentiert hat.

Das beliebte Wasserspiel wurde in der Kreisstadt Osterburg an dieser zentralen Stelle installiert, nachdem der ursprüngliche Standort der wohl italienischen Arbeit vom Ende des 19. Jahrhunderts im Park des nahen Rittergutes von Rönnebeck nach dem Abbruch seines Herrenhauses 1947 und der Aufteilung des Ritterguts im Verlauf der Bodenreform 1948 aufgegeben wurde. Nach einem fundierten Gutachten wurde ab 2000 die Restaurierung des Brunnens geplant. Dabei fiel auf, dass das Kunstwerk aus über vierzig transportablen Werksteinen zusammengesetzt ist, was trotz des Gesamtgewichts aller Brunnenteile von circa fünf Tonnen einen transalpinen Import glaubhaft erscheinen lässt. Der feine Marmor stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den seit dem 13. Jahrhundert bekannten Steinbrüchen von Carrara, aus denen noch heute Material zu Restaurierungszwecken gewonnen wird. So konnten die Finger der linken Hand des Neptun, welche den Dreizack hält, mit stimmigem Gestein ergänzt werden. Voll funktionsfähig ist der Brunnen wieder seit 2006 nach Abschluss der Generalüberholung der Brunnentechnik und behutsamen Restaurierung und Konservierung der Marmorteile. Jeden Winter wird der wertvolle Brunnen nun umbaut mit einer kegelförmigen Einhausung aus Acrylglaspaneelen, um das Kunstwerk und die Technik vor Frostschäden zu schützen.
 

Text: Luise Schier
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

 

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